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Supercritical Fluids, Kunsthaus Glarus (PDF 2,8 MB)

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Felicity Lunn
Freie Kuratorin und Kritikerin

Die einzige Narration, die von Hanspeter Hofmanns Bildern ausgeht, ist diejenige des schwer erarbeiteten Prozesses ihrer eigenen Erschaffung: Es geht um die durch den Künstler bei jedem Bild neu zu erforschende, bewusst begrenzte und dennoch reiche Formensprache, die sich auf die Oberfläche und die Reichweite der Wirkung konzentriert. Im Zentrum von Hofmanns verdichtetem Vokabular steht der Kreis. Er ist oft beinahe perfekt, häufig aber auch zu amöbischen Ovalen verzogen oder gar im Stadium der Auflösung begriffen, so dass farblich sich verändernde Ketten entstehen. Seit die griechischen Philosophen zum ersten Mal die Eigenschaften der Zahl Null erforscht haben, die an sich als Zahl nicht existiert, in der Mathematik aber eine Schlüsselstellung einnimmt, beschäftigt der Kreis das Denken der Menschen. Er ist das am klarsten definierte und zugleich das mehrdeutigste aller Zeichen. Da er als offene Linie als auch als geschlossene Form angesehen werden kann, verkörpert der Kreis Gestalt und Vakuum, Vollendung und Endlosigkeit.

Hofmann nutzt den Raum innerhalb des Kreises als Lichtbehälter und die Linie als grafisches Zeichen und manchmal auch als Mittel, um Ordnung in seine giftig radioaktiven Farben zu bringen. Er spielt mit der Unmöglichkeit einer dem Kreis inhärenten Vollendung oder Logik — der Kreis ist ja sowohl die abstrakteste Form wie die mit den meisten Verweisen –, um den Betrachter ins Bild hineinzuziehen und ihn gleichzeitig abzustossen, indem er einerseits den Eindruck von Zellen unter einem Mikroskop, andererseits ein Gefühl von Erdoberfläche erzeugt. Durch die Übereinanderstapelung besitzen die Kreise eine skulpturale Monumentalität, und als auf der Oberfläche schwebende pechschwarze Formen stellen sie uns einen Raum des Übergangs zwischen abstraktem Bildraum und eigenem physischem Raum zur Verfügung; als fein gezeichnete, sich schlängelnde Windungen führen sie das Auge auf der Bildoberfläche herum und lockern die eher festen Blöcke und Farbbänder auf. Indem Hofmann den Kreisen ihre Eigenwilligkeit lässt, wirkt er dem Kontrollimpuls entgegen und schafft Bilder, die auf intensive Weise ausdrucksvoll und menschlich sind.


Felicity Lunn
Independent Curator and Critic

The only narrative that Hanspeter Hofmann’s paintings carry is that of the hardwon process of their own making: the artist’s reexploration with each new work of an intentionally limited but rich formal language that focuses on the surface, the range of effect. At the heart of Hofmann’s dense vocabulary is the circle, sometimes almost perfect, at others stretched into amoebic ovals or allowed to unravel to generate tonaly mutating chains. The circle has exercised the human mind since Greek philosophers first explored the properties of zero, the number that does not exist in itself but is pivotal for mathematics. It is the most definite and the most ambiguous of marks: as both an open line and a closed form, the circle expresses shape and vacuum, completion and eternity.

Hofmann uses the space within the sphere as a container of light and the line as graphic mark or, at other times, the means to order his nuclear fall-out colours. He plays on the impossibility of completion or logic inherent in the sphere — it is at once the most abstract form and the form with the greatest number of possible allusions — to pull the viewer in and out of the work, moving from the impression of cells under a microscope to the sense of the globe’s surface. Stacked one upon the other, the circles have a sculptural monumentality; as inky black forms floating on the surface, they give us a transitional area between the abstract field of the image and our own physical space; as finely drawn meandering loops, they direct the eye around the painting, loosening up the more solid blocks and bands of colour. In allowing the spheres’ waywardness to counteract the impulse for control, Hofmann makes paintings that are intensely expressive and humane.