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Beatrix Ruf
Direktorin, Kuratorin, Kunsthalle Zürich

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Die dynamischen Strukturen, Ballungen und Verdichtungen von Lineaturen und Flächen in Hanspeter Hofmanns Gemälden scheinen Aggregatzustände diversen organischen Materials ins Bild zu bringen: Gischt- und Bläschenbildungen in gewagten Farbzuständen, vor sich hinblubbernde Substanzen, Materialansammlungen, die sich zu geschlossenen Formen mit Oberflächenspannungen verdichten, Spuren von Teilchen, die sich entlang von Linien in einem ausschnitthaft in den Bildern dargestellten, aber potentiell unendlichen Raum bewegen. Die Bilder vergrössern die mikroskopische Nahsicht von etwas Organischem, etwas, das wir dem Bereich des Natürlichen oder der Natur zuzuordnen gewillt sind. Der Natur aber trauen wir schon lange keine Natürlichkeit mehr zu. In der wissenschaftlichen Tiefensicht und der Analyse der Grundsubstanzen, Elementarteilchen, ihres Zusammenspiels und dem Eintauchen in die Details des ‹Ganzen› aber vermuten, erhoffen, erhaschen wir eine Annäherung an das Authentische. Das hat auch mit einem ‹coolen› Rausch zu tun, mit Überzeichnung und Intensivierung zwecks grösserer Nähe. Hanspeter Hofmann ist Surfer, und vielleicht ist das Zusammenspiel elementarer Natur-Erfahrung und modischem Lifestyle-Gefühl, von Eintauchen und Auftauchen, von Wahrnehmungssteigerung und kalkulierter Meisterung des Rausches Teil dieser Bilder. Selbstverständlich sind Hanspeter Hofmanns Bilder abstrakte Bilder, und sie stehen in und verhalten sich zu dieser Bildtradition. Und selbstverständlich sind diese Bilder gerade deshalb interessant, weil sie die überkommenen Gegensatzpaare abstrakt – gegenständlich nicht auf formaler Ebene thematisieren, sondern einen multivektorialen Assoziations- und Diskursraum initiieren, der sowohl formale wie inhaltliche wie erfahrungsorientierte Bereiche betrifft.


Beatrix Ruf
Director, Curator, Kunsthalle Zürich

The dynamic structures, nodes and condensation in Hanspeter Hofmann’s paintings generate an impression of the aggregate states of diverse organic materials: foaming froth and bubbles in daring colours, substances burbling away, accumulations of materials compressed into closed forms full of surface tension, traces of small bits moving along lines in spaces portioned off in the paintings but potentially infinite. We see microscopic close-ups of something organic in these pictures, something we might willingly assign to the realm of the natural or to nature itself. Although we have long since abandoned expectations of anything natural in nature, we still suspect, indeed, hope to catch a glimpse of the authentic in the depths of the sciences, in the analysis of elemental substances, in elementary particles, their interplay and immersion in the details of the ‹whole›. That quest is related to ‹cool› rapture, to exaggeration and intensification for purposes of greater closeness. Hanspeter Hofmann is a surfer, and perhaps it is essential to his pictures that they billow and surge in the reciprocal play of experiencing elementary nature and enjoying a fashionable lifestyle, of plunging in and surfacing again, of heightened perception and calculated control of rapture. Hanspeter Hofmann’s paintings are obviously abstract, they are part of that visual tradition and accommodate it. And they are interesting precisely because they do not lend exclusively formal attention to the venerable opposition of abstract and figurative but rather initiate an associative and discursive space of multiple vectors where orientation towards form, content and experience converge