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Hanspeter Hofmann – Chemische Bilder
Galerie Stampa, Basel, 2012
Eveline Wüthrich

Ein grelles Pink blendet einem beim Betreten des Ateliers von Hanspeter Hofmann entgegen. Unnatürliche Neonfarben bilden nicht nur Bildgrund sondern auch Grundlage seiner neu entstandenen, in der Galerie Stampa ausgestellten Gemälde – chemische Bilder, wie der Künstler selber sagt. Synthetisch erzeugte Signalfarben und scheinbar unkontrollierbare, wuchernde Oberflächenstrukturen kontrastieren mit flächig gemalten Figuren – und auch diese sind, ohne jegliche Details oder Raumtiefe und nur als Ausschnitte, nicht oder wenigstens nicht auf den ersten Blick erfassbar.

Wer dem Linien-Wirrwarr folgt, versucht vergebens seinen Blick scharf zu stellen. Vielmehr wird das Auge irritiert durch ein Flimmern und Flirren von leuchtend hellen Blasen, die sich über die Leinwand verteilen. Diese verdichten sich, um sich an anderer Stelle wieder aufzulösen; sie wölben sich, um wieder abzuflachen. Die Bläschen breiten sich über einfarbigen Kreisflächen aus und quellen unter runden Farbflecken und ovalen Liniensystemen hervor.

Das Übereinanderlegen von einzelnen Bildgründen legt gleichzeitig seine Vorgehensweise offen. Hofmann geht es nicht darum, den Herstellungsprozess in ein Geheimnis zu hüllen, sondern viel mehr die verschiedenen Schichten deutlich zu machen. Damit reihen sich die neu entstandenen Gemälde in die Tradition früherer Arbeiten und entsprechen der Vorstellung des Künstlers, Bilder aus bereits bestehenden Bildern wachsen zu lassen. Ebenso inhaltslose wie vieldeutige Schriftstücke (Sex, Hardcore), sowie allgemein bekannte, aber gleichzeitig unpersönliche Ikonengesicher aus den Medien (Carrie Bradshaw), finden ihre Fortsetzung in Ausschnitten von Menschenkörpern. Was früher leere Worte waren, sind heute flache Figuren. Als Nahansichten, uni und ohne ein einziges Detail, sowie die Positionierung im Bild, erschwert es die einheitlichen Flächen auf Anhieb zu deuten. Die Körperfragmente werden zwar weder von Tupfern noch Spritzern gestört, heben sich also deutlich von den unkontrollierten Schaumgebilden ab, und sind ihnen doch ähnlich, weil nicht konkret definierbar.

Sind es also zwei unterschiedliche Formen von Abstraktion was die Bilder für Hanspeter Hofmann zu chemischen Bildern macht? Muss chemisch in einem übertragenen Sinne verstanden werden und verweisen die Blasenmuster und Figurfragmente auf Prozesse im Körper die ebenfalls weder exakt darstellbar, noch ganz nachvollziehbar sind?

Oder sind die Gemälde chemischen Reaktionen ähnlich, die zwar geplant werden aber dennoch Überraschungen in sich bergen? Dieser Vorstellung entspricht jedenfalls Hofmanns Vorgehensweise einzelne Bildgründe übereinander zu schichten und verschiedene Legierungen zu mischen – Resultate sind nicht genau absehbar, Zufall spielt mit. Indem der Künstler seine Bilder aus bereits existierenden Bildern entstehen lässt und neue Formen mit gegebenen Voraussetzungen verbindet, beschreibt das gegenseitige aufeinander Reagieren sein Schaffen zudem ganz grundsätzlich. Unerwartete Zufälligkeiten wie ungewollte Spritzer und Tupfer gehören zur Leinwand als Labortisch. Die Oberflächenstruktur mit ihren unzähligen Blasenausformungen erinnert an wild wuchernde Experimente in Reagenzgläsern. Die grellen, synthetisch im Atelier/Labor erzeugten Farben betonen diesen Eindruck noch zusätzlich – chemische Bilder in einem ganz wörtlichen Sinne also.