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Responsive Eye Responsive Brain
Daniel Baumann

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Es gibt das Interesse für die Malerei, ihre Geschichte und ihre Ambitionen, auch in gesellschaftlicher Hinsicht, und es gibt den Willen zur Optimierung des Produkts. Die Sehnsucht, beide getrennt zu führen, setzt sich fort; besonders in Europa, wo der Kunst noch immer ein Mehr aufgezwungen wird, das sich längst anders entwickelt. Zuerst wurde die Malerei von Hanspeter Hofmann in die Geschichte der abstrakten Malerei eingeordnet, dann – gerechtfertigt durch einen Rückgriff auf die Biographie des Künstlers – auf Chemie und Zellformen bezogen. Um 2000 begann Hofmann, Wörter, Vögel und Totenköpfe in die Bilder zu kleben, um das rätselhafte Mehr der Abstraktion zu verlassen, den Wunsch nach dem absoluten Bildraum zu stören und ihn als Produkt zu etablieren. In den letzten zwei Jahren spitzte er dies zu, indem er Schlangenmotive und Porträts von Berühmtheiten per Airbrush über die fertigen Bilder sprayen ließ. Es sind Gesten der Erniedrigung und der Erhebung, die durch die Anbindung an Jugend- und Popkultur verschärft werden. Die Bilder Hofmanns operieren somit im Dunstkreis von Abstraktion und Marketing. Sicher haben alle Lesarten ihre Berechtigung und ihr Publikum. In der Wiener Engholm Engelhorn Galerie zeigt Hofmann unter dem Titel „Responsive Eye – Responsive Brain“ eine Auswahl neuer Bilder auf einem für die Ausstellung entworfenen Hintergrund: Auf mehreren großen, schwarzen Flächen werden mittels weißer Kreide Ausschnitte aus einem seiner netzartigen Motive stark vergrößert aufgezeichnet. Auf dieser schwarz-weißen Unterlage werden die neuen Leinwände präsentiert. Natürlich spielt der erste Teil des Ausstellungstitels auf die berühmte Ausstellung „Responsive Eye“ an, die 1965 im MOMA in New York eröffnet wurde und die Op Art international etablierte. Der zweite Teil, „Responsive Brain“, bezieht sich auf die Vermutung, dass visuelle Eindrücke, auch Farben, vom Gehirn nicht einfach „verarbeitet“ werden, sondern dort erst konstruiert werden. Sicher verliert sich das Auge in den Bildern von Hofmann, taucht ein, wie man so schön sagt, in den abstrakten Raum, immer auf der Suche nach der absoluten Sensation, von der die abstrakte Malerei seit jeher träumt. Wie der Surfer auf der perfekten Welle in eine Welt gleitet, die sich zu einem Punkt zusammenzieht und wo das Nichts alles ist. Wenn aber die Eindrücke vom Gehirn nicht verarbeitet, sondern konstruiert werden, dann muss dieser Rausch nichts anderes als ein flotte Konstruktion sein. Oder, wie Hofmann mir antworten würde, – wie die abstrakte Malerei – ein ausgefeiltes Produkt.


Responsive Eye Responsive Brain
Daniel Baumann

On the one side there is the interest in painting, in its history and its ambitions – also in matters of society, on the other side there is the will to optimise a product. The longing to separate both is going on, especially in Europe where still a more is forced upon art – a more that has long evolved into something different. At first Hanspeter Hofmann’s art has been counted among abstract painting, later – in consideration of the artist’s biography – it has been related to chemistry and cell forms. Around the year 2000 Hofmann began to paste words, birds, and skulls onto his paintings, leaving the enigmatic more of abstraction behind, disturbing the absolute pictorial space and instead establishing it as a product. During the last two years he has been boosting this effect by airbrushing figures of snakes and portraits of celebrities on top of his finished paintings. Being linked to youth and pop culture, the acts of humiliation and ennoblement are vastly tightened, and Hofmann’s pictures function in an atmosphere of abstraction and marketing. Certainly, all those ways of interpretation are legitimate. At his exhibition “Responsive Eye – Responsive Brain“ at the Engholm Engelhorn Gallery in Vienna Hofmann shows a choice of new works arranged in front of a background specially designed for this occasion: Details of his netlike images are enlarged and drawn in white chalk on several grand black surfaces functioning as background for the new paintings. Obviously the first part of the title refers to the famous exhibition “Responsive Eye“, 1965 at the MOMA in New York, which established Op Art on an international level. The second part, “Responsive Brain“, suggests that visual perceptions and also colours are not only “processed” by the brain, but it is the brain itself that constructs them. Surely, the eye will get lost in Hofmann’s paintings, will immerge deeply into the abstract space, seeking the absolute sensation that the abstract painting has ever been dreaming of. Just like the surfer sliding on the perfect wave that squeezes to a single point, the wave where the nothing is all. However, if the brain not only processes, but constructs those sensations this frenzy can be nothing but a jaunty construction. Or – like Hofmann would answer – just like abstract painting it can only be a sophisticated product.